BLOG: 23.09.2021

BGM - Ein Status Quo 2021

New Work 2021/22

BGM steht für Betriebliches Gesundheitsmanagement. Wie lauten die Bedürfnisse und Wünsche der ins Büro zurückgekehrten Mitarbeiter in puncto Gesundheit – und wie können diese bedient werden? "Nichts passiert, bis sich etwas bewegt" – meinte Albert Einstein. Also: auf zu mehr Bewegung im Arbeitsalltag!

Ein effektives betriebliches Gesundheitsmanagement, kurz BGM genannt, braucht beides: einerseits werden mit einer guten Büroplanung, der richtigen Büroeinrichtung und einer optimalen Arbeitsorganisation von Chefseite frühzeitig die Weichen fürs Arbeiten im Büro gestellt, auf das sich die Mitarbeiter freuen. Aber auch die Mitarbeiter selbst sind in der Eigenverantwortung. Workoholics, die in Arbeit untergehen, die keine Pausen einhalten, sich mit Alkohol oder Drogen entspannen und dann ins Burnout schlittern, nehmen keine Rücksicht auf sich und Kollegen und pfeifen damit auch auf die Folgen für den Arbeitgeber. Tipps für die Gesundheit im Büro gibt es en Masse - doch im Alltag fallen sie wie Neujahrsvorsätze oft unter den Tisch. Wie lassen sich die guten und oft simplen Ideen so umsetzen, dass sie die Mitarbeiter nicht stressen oder gar auf die Nerven gehen?

 

Walk & Talk Meetings

Meetings, die im Walk & Talk Modus abgehalten werden, sind generell produktiver als im Konferenzraum. Wer könnte, würde seine Brainstorming-Sitzungen beim Spaziergang am endlos langen Sandstrand, im Wald oder im idyllischen Park abhalten. Weil das Leben aber kein Ponyhof ist, gilt es, auch in Industriezonen und der zubetonierten Innenstadt Routen zu finden, die inspirieren und dazu einladen, die Komfortzone für eine Stunde zu verlassen und durch Bewegung das Gehirn freizubekommen. Wichtig dabei ist lediglich, keine Orte zu wählen, in denen es laut ist und die Ablenkungen ermöglichen – auf Meetings am Rummelplatz möge verzichtet werden. Weil gehen und schreiben das Dokumentieren der Ideen schwierig macht, könnte vorher vereinbart werden, das Gespräch aufzuzeichnen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass beim walken & talken auch schwierige Gespräche einfacher sind, als ins Chefbüro zitiert zu werden und dort am heißen Stuhl zu sitzen.

 

Vom Konferenzraum zum Trainingsraum

Jedes Büro braucht ihn, aber viele argumentieren, dass sie sich nicht trauen, ihn zu betreten. Die Rede ist nicht vom Anger Management-Raum (auf deutsch: wo man seine Wut abbaut) – obwohl der in unserem Kulturraum dringend nötig wäre - sondern vom Trainingsraum. Oder auch Relax-Zone, Chillout-Area oder Spielwiese genannt. Als ich vor 15 Jahren eine Forschungsreise durch 300 Büros in 30 Städten rund um den Globus unternahm, war noch augenscheinlich, dass die Kickertische und Entspannungsschaukeln ausschließlich Firmen der Kreativindustrie vorbehalten waren. Da staunte ich noch über in-house Kaffeehäuser und firmeneigene Köche, die den Mitarbeitern jeden kulinarischen Wunsch von den Augen ablasen.

Heute lohnt es sich, Balancebälle und Hanteln bereitzustellen und einen Yogalehrer zu organisieren. Auch Büromöbel eignen sich gut zum Trainieren. Trizeps-Dips, Ausfallschritte und Beinheben zum Beispiel sind mit Stühlen oder anderen Stützen ganz einfach durchzuführen. Je nachdem, wie Sie oder Ihre Mannschaft ticken: Sie können alleine trainieren oder Sie binden das gesamte Büro für eine tägliche 30-minütige Trainingspause ein.

 

Gesunde Büromöbel

Ergonomie gehört heute zur Gesundheitsvorsorge wie die DSVGO Meldung zum Aufruf einer Webseite. Das dynamische Sitzen, also die Gewichtsverlagerung in alle Richtungen, auch kippen, pendeln und rotieren genannt, nennen die Hersteller auch das ‚bewegte Sitzen‘. Nichts passiert, bis sich etwas bewegt – meinte Albert Einstein. Bewegtes Sitzen erhöht die Gehirnaktivität, addiert eine Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Gute Haltung schützt vor Ermüdung und Haltungsschäden, die schmerzhaft enden können. Deshalb: besser auf die richtige Höhe von Bürostuhl und Tisch achten, auch die an die Bildschirmgröße angepasste Entfernung zum Monitor und eine ergonomische Tastatur. Die Bandbreite an ergonomischem Zubehör, das auf vielfältige Weise der Ermüdung vorbeugt, ist heute schier endlos und für jeden Büroeinrichtungs-Stil geeignet.

 

Luft und Licht bringt Liebe

Corona hat nicht nur dem Büromief ein Ende gesetzt. Es wird nun regelmäßig gelüftet, um das Risiko einer Ansteckung zu verringern und die Aerosolkonzentration zu senken. Aber auch ohne Pandemie empfiehlt es sich, regelmäßig zu lüften, damit die Arbeitnehmer genug Sauerstoff bekommen. Sauerstoffmangel macht nämlich träge und senkt die Konzentration.

Natürliches Licht und ein Blick ins Freie verhindern Depressionen und tragen zur Mitarbeiterzufriedenheit bei. Wenn Mitarbeiter ins Büro kommen, erwarten sie helle Räume mit reichlich natürlichem Licht und keine schummrigen Kammern, die schläfrig machen. Die Vorteile von natürlichem Licht in Büroräumen sind vielfältig: Sie bieten Angestellten eine ruhige Umgebung, die sie gesünder und produktiver macht.

 

Für die Aufzug-Klaustrophobiker

Wer’s nicht gern beengt mag, dem sei ein täglicher Treppenlauf empfohlen. Wer’s nicht so eilig hat, kann auch gemütlich Treppensteigen. Das verbessert nicht nur die Fitness, sondern verringert das schlechte Gewissen, wenn man in der Kantine einem Wiener Schnitzel und am Nachmittag einem Schokosnack nicht widerstehen konnte. Man verbessert seine Fitness übrigens auch schon, wenn man zweimal am Tag 200 Treppen hoch läuft, aber mindestens an fünf Tagen die Woche. Wer also einen hybrid Deal mit seinem Unternehmen macht und nur an 3 Tage die Woche ins Büro geht, läuft eben auch mal zwischendurch zum Kiosk runter und wieder rauf. Die Wissenschaft hat übrigens good news: Probanden einer Studie hatten nach 8 Wochen Treppenlaufen im erwähnten Umfang eine um 17 Prozent verbesserte Sauerstoffaufnahmefähigkeit.

Für die sehr Ambitionierten: Regelmäßig gehen Hunderte Treppenlaufamateure in Bürotürmen vieler Städte an den Start. Beim „Empire State Building Run Up“ in New York City, der seit 1978 stattfindet, werden 1.567 Stufen überwunden. Der „Taipeh 101 Run“ fordert die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit 2.046 Stufen. Rund 50 Stockwerke vom Erdgeschoss bis zur Terrasse, diese Distanz entspricht einem Sprint von etwa 4.500 Meter. Probieren Sie es doch mal aus. Aber besprechen Sie die Idee bitte vorher mit Ihrem Hausarzt oder Kardiologen.

 

Pausen machen

Die digitale Arbeitsweise – durch Corona im Büroalltag wie mit einem Brandbeschleuniger verstärkt - bringt noch immer viele neue Herausforderungen, mit denen sie lernen müssen, umzugehen und wo sie vom Unternehmen Unterstützung brauchen. Ständige Erreichbarkeit, gleichzeitiges Erledigen verschiedener Aufgaben (Multitasking), die hohe Komplexität der Arbeit, Informationsflut, wenig persönliche Kontakte, und das „Nicht abschalten Können“ kann im Burnout oder in einer Depression enden. Machen Sie regelmäßig Pausen – gerade bei administrativen und kreativen Tätigkeiten ist Distanz gefragt. Dauersitzen macht müde und unproduktiv. Manchmal kurze, dann wieder längere Pausen beim Flurgespräch oder beim Spaziergang um den Block sind eine Art Rückzug – das Gegenstück zum Treffpunkt. Das sichert die Konzentration und Stressabbau. 

 

Was das Büro-Christkind 2021 bringt

Vielleicht ein Wearable, zu Deutsch Gadget, auch Fitness-Tracker genannt? Eine Smart Watch? Diese sammelt durch die dauerhafte Nutzung die Gesundheitsdaten der Mitarbeiter, von der Herzfrequenz, Atemhäufigkeit, getätigten Schritten bis hin zu den Schlafphasen. 

Für das BGM wäre die Nutzung von Wearables für eine Ist-Analyse im Unternehmen denkbar. Anhand der gesammelten Daten kann beispielsweise bewertet werden, wie viel sich die Mitarbeiter bewegen. Bei der Weihnachtsfeier könnte die Ankündigung für einen Schrittwettbewerb mit einer anschließenden Belohnung folgen.

 

Noch in der Entwicklung

Ob Gesundheitsapp, Gesundheitsplattform, Online-Coaching-Plattform oder Wearables: Digitale Tools zur Unterstützung des BGM sind ein noch relativ neues Thema und befinden sich daher noch in der Entwicklung. Es gibt wenige Bewertungen oder Qualitätskriterien zu den bisher verwendeten Systemen. Durch die Nutzung einer App als digitales Tool des BGM wird die Arbeit und das Privatleben der Mitarbeiter noch mehr vermischt, das hat sich schon gezeigt. Durch die ständige Erreichbarkeit durch Push-Benachrichtigungen kann zwar das Gesundheitsbewusstsein verbessert werden, dennoch kann dies zur Folge haben, dass sich die Mitarbeiter weigern, jede Blähung mit dem Arbeitgeber teilen zu wollen. 

 

Das BGM-Budget

Um einen reibungslosen Ablauf eines betrieblichen Gesundheitsmanagements im Unternehmen gewährleisten zu können, muss ein festes jährliches Budget eingeplant werden. Steht ein solches BGM-Budget nicht zur Verfügung, so kommt es in der Praxis häufig zu unnötigen Verzögerungen, Wartezeiten und Stillständen. Diese können soweit führen, dass ein Gesundheitsmanagement scheitert, weil die Mitarbeiter dieses aufgrund der Unterbrechungen und des Wartens auf konkrete Umsetzungen nicht mehr ernst nehmen. Dadurch leidet die Akzeptanz und Teilnahme. Ein Einsatz von 200 €/ Mitarbeiter pro Jahr (ohne interne Personalkosten durch z.B. BGM - Koordinator) stellen laut Experten das Budget-Minimum dar. Betriebliches Gesundheitsmanagement braucht einen Motor, d.h. einen BGM - Manager bzw. -Koordinator. Hierfür sollte in Unternehmen ab einer Größe von 500 Mitarbeitern mindestens eine halbe Stelle mit 20 Stunden/ Woche eingeplant werden.