BLOG: 22.12.2021

CityCube - Das lernende Gebäude

Das nachhaltige Büro

Mit einfach zu implementierenden oder bereits in Gebäude und Anlagen integrierten Sensoren kann die Raumbelegung ebenso wie die Luftqualität gemessen werden. Das hilft dabei, den Büroalltag besser und gesünder zu gestalten

Während der Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und FDP wurde ein kastenförmiges Gebäude zur vertrauten Hintergrundkulisse: der CityCube Berlin. Das auf dem Berliner Messegelände im Westend aufragende Gebäude ist nicht nur wegen seiner architektonischen Form, die aus der Feder von 3XN Architects in Kopenhagen stammt, ein Hingucker. Der Würfel ist nämlich schlau und besitzt künstliche Intelligenz (KI). Mit seinem „Gehirn“ steuert der Cube alle Prozesse im Gebäude und verknüpft über 3.750 Sensoren technische Anlagen sowie Planungs-, Betriebs- und Nutzerdaten miteinander.

 

Das Gebäude macht Verbesserungsvorschläge

Vergessen wird dabei nichts, denn die künstliche Intelligenz ist in der Lage, aus den Betriebs- und Nutzerdaten zu lernen und Erkenntnisse daraus zu ziehen. Das wiederum setzt das Gebäude in die Lage, Verbesserungsvorschläge zu formulieren. Die Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und FDP waren übrigens eine der seltenen Gelegenheiten, in der der Würfel in diesen Zeiten überhaupt genutzt wurde. Denn seit Beginn der Corona-Pandemie wurden zahlreiche Messen, Kongresse und andere Präsenzveranstaltungen abgesagt, die ansonsten auf dem Gelände stattgefunden hätten.

 

Keine Angst vor HAL

Für den Energieverbrauch des CityCube ist das aber kein Problem. Denn das Gehirn des elfgeschossigen Gewerbegebäudes mit einer Bruttogrundfläche von 19.000 m² erkennt selbständig nicht genutzte Flächen und schaltet dort Heizung, Kühlung, Lüftung und das Licht ab. Wer sich angesichts von so viel KI gruselt und an den berühmt-berüchtigten Computer HAL aus dem Film „Odyssee im Weltall“ denkt, kann sich beruhigen. Denn jeder Mieter des CityCube hat eine App auf dem Mobiltelefon, mit der er steuernd eingreifen und die Flächennutzung entsprechend optimieren kann. Via App wird nicht nur der Zugang, sondern auch das Raumklima und die Paketstation gesteuert.

 

Tracking mit Tücken

Eine weitere nützliche Option ist die Inhouse Navigation. Wer das Berliner Messegelände kennt, kennt auch die hunderten Hinweistafeln an den Wänden, die oft mehr Verwirrung auslösen als dass sie bei der Orientierung hilfreich sind. Zudem gehören wegen der KI verlorene Trolleys und andere Gegenstände der Vergangenheit an. Wenn ein Tracker angebracht wurde, kann das Gebäude erkennen, ob jemand beispielsweise seine Aktentasche in einem Besprechungsraum vergessen hat. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die logische Weiterentwicklung dieser Funktion: auch Personen lassen sich damit tracken. Aber manchem ist das vielleicht auch lieber, als dass mit einer Lautsprecherdurchsage nach ihm gefahndet wird.

 

Cyberkriminelle suchen Schwachstellen

Der CityCube gilt als Paradebeispiel eines „Smart Commercial Buildings“ in Deutschland. Seine technische Infrastruktur geht auf Forschungen des Clusters Smart Logistik auf dem Campus der RWTH Aachen zurück, in dem das Zusammenwirken der diversen Digitalisierungsbausteine aus Hard- und Software vor Inbetriebnahme des Cube Berlin im Modell abgebildet und getestet wurde. Geachtet wurde nicht nur auf die perfekte Harmonie der Komponenten, sondern auch auf Sicherheit. Denn jedes Smart Building hat Schwachstellen, die von Cyberkriminellen ausgenutzt werden können.

 

Schnelle Entwicklung der Technik

Auf der anderen Seiten steht der digitale Mehrwert für den Mieter. Das lernende Gebäude hilft beim Energiesparen und macht Einlass-Checks durch eine Zugangskontrolle durch Personenerkennung bequemer. Das gesamte System wurde nicht allein für den Cube entwickelt, sondern ist modular und kann auch in bestehenden nicht-intelligenten Gebäuden eingesetzt werden, die für diese Zwecke nachgerüstet werden können. Das könnte in Zukunft sogar noch schneller und einfacher gehen, denn die Fähigkeit von Gebäudesensoren, jede Aktion und Leistungsveränderung eines Gebäudes oder der Mieter zu messen, entwickelt sich rasch weiter.

 

Das falsche Team

Mit einfach zu implementierenden oder bereits in Gebäude und Anlagen integrierten Sensoren können Raumbelegung und Luftqualität sowie die Nutzung von Räumen gemessen werden. Im Büroalltag lassen sich darauf viele Erleichterungen ableiten. Wer hat nicht schon mal vor einem Besprechungsraum gestanden, in dem trotz Reservierung überraschenderweise ein anderes Team saß? In einem intelligenten Gebäude ist so etwas quasi undenkbar, denn die Belegung von Räumen wird den Nutzern auf der App vorher angezeigt, so dass die App im Falle einer Fehlbelegung auf vakante Räume ausweichen kann.

 

Weniger putzen

Die Sensormessungen machen auch bei Sanitätsbereichen Sinn. Innerhalb eines großen Bürogebäudes gibt es zwar Dutzende davon, aber manche sind viel stärker nachgefragt als andere. Wer als Facility- und Immobilienmanagern hier den Überblick hat, kann Reinigungsintervalle intelligenter planen und Kosten sparen. Solche Funktionen meinen Experten, wenn sie von der nächsten Stufe bei der „Intelligenz“ eines Gebäudes sprechen. Denn durch Smart building-Technologie und IoT können in Gebäuden und Anlagen, Daten nicht nur gesammelt, aggregiert und analysiert werden. Denn diese Daten ermöglichen maschinelles Lernen. Indem das Gebäude Vorhersagen treffen kann, wird es zu einem wahrhaft lernenden Gebäude.

 

Watson erkennt, was der Bewohner mag

Wie die Zukunft von lernenden Gebäuden aussehen kann, testet IBM mit seinem digitalen Assistenten Watson. Das Gebäude kann die Bewohner über eine spezielle Gesichtserkennungs-Software erkennen und identifizieren und ihnen sogar die Tür öffnen wie ein Butler. Sobald der Mitarbeiter ein Büro betritt, geht das Licht an und die Klimaanlage sorgt für die persönliche Komforttemperatur im Raum. Selbstverständlich reagiert das intelligente Gebäude auf direkte Spracheingaben seiner Bewohner. Der Funktionsumfang soll sich in Zukunft ausweiten. Die Systeme können dann auf Wetterdaten zugreifen und damit die Verbrauchswerte für Heizung und Strom einschätzen und selbstständig optimieren.